Verein - Neuigkeiten - In Göteborg wurde Vereinsgeschichte geschrieben

SV Rheinhausen bei den Weltmeisterschaften der Mastersschwimmer


Vereinsgeschichte wurde im schwedischen Göteborg geschrieben. Nicht nur, dass erstmals vier Schwimmerinnen und Schwimmer des SV Rheinhausen bei Weltmeisterschaften am Start waren. Mit Sabine Leiding kam sogar eine als Welt- und Vizeweltmeisterin aus dem hohen Norden zurück.
Aber noch mal von Anfang an. In der Zeit vom 25.07. bis 07.08.2010 fanden in der mit rd. 500.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Schwedens, der Hauptstadt der Provinz Väster-götland, in Göteborg, die XIII. World Masters Championchips statt. Diese gigantische Veranstaltung findet alle zwei Jahre statt, immer im Wechsel mit den Europameisterschaften der Masters. Neben den Schwimmern ermittelten die Wasserballer, Synchronschwimmer, Turmspringer und Freiwasserschwimmer in den verschiedenen Altersklassen (AK) ihre Weltmeister. Insgesamt waren Sportler aus 74 Nationen an die Westküste Schwedens gereist, darunter diverse Olympiasieger sowie Welt- und Europameister bzw. Weltrekordhalter. Alleine im Schwimmen waren 5.473 Teilnehmer mit 13.856 Einzelrennen und rund 1.000 Staffeln am Start. Im Endergebnis fanden sich 266 deutsche Vereine mit 1.020 Teilnehmern in 2.578 Einzel- und 175 Staffelrennen wieder, darunter 74 als Weltmeister.
Was dort passierte, machen vielleicht ein paar weitere Zahlen deutlich: Aus Japan reiste die 96-jährige (!) Mieko Nagaoka an und schwamm die maximal erlaubten fünf Einzelrennen. Darunter 800m Freistil, dies war die längste Strecke bei diesen Meisterschaften, und 50m Brust, über die sie neue Weltrekorde aufstellte. Über die 800m Freistil gab es in der AK 70 (Jg. 1940-1936) bei den Damen gleich 23 Teilnehmerinnen! Auch bei den Herren gab es viele Super-lativen. So waren über 50m Freistil in der AK 45 gleich 177 und in der AK 40 dann sogar 200 Teilnehmer am Start. Über 100m Freistil musste in der AK 40 der Olympia-fünfte von 1992 in Barcelona, Vladimir Pyshnenko, mit 0:51,72 Minuten gleich Altersklassen-Weltrekord schwimmen, um das 103-köpfige Teilnehmerfeld am Ende anzuführen.
Gleich vier Mitglieder des SV Rheinhausen fanden mit Flugzeug und Auto den Weg nach Schweden. Erstmals in der Vereinsgeschichte wurden die Vereinsfarben blau-gelb bei einer Weltmeisterschaft vertreten und zwar durch Sabine Leiding, Frederic Düperthal, Dietmar Zilz und Thomas Leiding. Insgesamt standen acht Starts an. Sabine in der AK 40 über 50m Schmetterling und 50m Freistil, Frederic (AK 30) über 200m und 400m Lagen sowie 200m Rücken, Dietmar (AK 40) über 200m Schmetterling und 3.000m Freiwasser und Thomas (AK 45) über 100m Freistil. Herauskamen ein Weltmeistertitel, ein Vizeweltmeistertitel, drei Topplatzierungen, ein Vereinsrekord, drei Vereinsjahresbestzeiten und fünf persönliche Rekorde.
Für den ‚Knaller’ sorgte die einzige SVR-Dame, die am Start war. Über 50m Schmetterling holte sich Sabine in der Valhalla-Swimminghall, in neuer persönlicher Bestzeit von 0:30,77 Minuten, souverän den Weltmeistertitel. Sie ließ ihren 56 Konkurrentinnen keine Chance. Schon die Zweitplazierte, Johanna Feldtman aus Schweden, war bereits 41 hundertstel Sekunden hinter ihr. Mit dieser Zeit war Sabine nochmals schneller als bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften, wo sie sich in 0:30,92 Minuten den Titel geholt hatte. Das sie damit die aktuelle deutsche Bestenliste in ihrer Altersklasse anführt und einen neuen Vereinsrekord schwamm, sei nur der guten Ordnung halber noch erwähnt.
„Von Platz eins bis sieben war laut Meldeergebnis alles drin. Das es nun Gold wurde, ist einfach unglaublich. Hört sich doch wohl toll an: Weltmeisterin!“ freut sich die 41-jährige zweifache Mutter. „Ich hatte ja bereits im Vorfeld gesagt, dass ich gut trainiert habe und mich fit fühle. Hinzu kam, dass das Wasser in der Valhalla-Swimminghall einfach perfekt für mich ist. Schade dass Jessi nicht mit dabei ist. Sie hat mich, zusammen mit Freddy, immer wieder zum Training getrieben. Ohne die beiden wäre ich bestimmt nicht soweit gewesen!“ so Sabine. Gemeint sind Jessica Schröder und Frederic Düperthal, ihre beiden Trainingspartner.
Nach dem Coup über Schmetterling folgte kaum 17 Stunden später die zweit erhoffte, aber in einem solch starken Feld keineswegs zu erwartende, Medaille über 50m Freistil. Mit exakt der selben Zeit wie bei den diesjährigen Deutschen Meisterschaften der Masters in Hamburg, 0:28,10 Minuten, holte sich Sabine den Vizeweltmeistertitel in ihrer Altersklasse. Dabei musste sie sich in dem 97 Teilnehmer starken Feld lediglich der neu in die Altersklasse gerutschten, ein Jahr jüngeren Ungarin Melinda Marosi, geschlagen geben, die in 0:27,86 Minuten anschlug. Gleichzeitig konnte sie die Weltrekordhalterin Marika Johansson aus Schweden, die 0:28,32 Minuten brauchte, auf Platz drei verweisen.
„Ich hatte mich so über den Titel über die 50m Schmetterling gefreut, dass ich die ganze Nacht fast kein Auge zugetan habe. Heute Morgen dann das frühe Aufstehen. Irgendwie fehlte mir da auf den letzten fünf Metern dann doch etwas die Kraft. Aber Melinda war heute einfach besser und ich bin genauso glücklich über die Silbermedaille. Hergefahren bin ich mit der kleinen Hoffnung auf eine Medaille. Jetzt fahre ich mit Gold und Silber wieder nach Hause – einfach genial!“ kommentierte Sabine ihre tollen Leistungen.
Kurz und prägnant das Fazit zu Frederic Düperthal: drei Starts, drei Bestzeiten, drei tolle Platzierungen. „Und Vereinsgeschichte geschrieben!“ fügte der 31-jährige grinsend hinzu. Schließlich durfte er den ersten Start eines Schwimmers vom SV Rheinhausen bei Weltmeisterschaften vornehmen.
„Freddy“, wie er von seinen Trainingspartnern genannt wird, konnte direkt beim ersten Start mit einer neuen Bestzeit und einem hervorragenden Ergebnis glänzen. 2:30,35 Minuten über 200m Rücken waren vier Sekunden schneller als seine bisherige Bestleistung und bescherten ihm in der Altersklasse (AK) 30 einen nach dem Meldeergebnis kaum geglaubten, ausgezeichneten 12. Rang. Damit war er viertschnellster Deutscher im mit 30 Teilnehmern besetzten Starterfeld.
Und so ging es weiter. Auch über 400m Lagen, der anspruchvollsten Strecke im Schwimmsport, schwamm er eine neue persönliche Bestzeit. In 5:19,02 Minuten war er drittbester Deutscher und belegte einen hervorragenden 14. Platz. Mit einer guten Zeit unter die Top 20 bei den Weltmeisterschaften war sein Ziel vor der WM. Dies ist ihm eindrucksvoll gelungen. Seine Bestzeit verbesserte er im Outdoor-Pool von Lundby gleich um vier Sekunden.
Seinen letzten Start hatte er dann wieder in der ‚Valhalla Swimminghall of Gothenburg’, als er über 200m Lagen antrat. In wiederum neuer persönlicher Bestzeit von 2:28,44 Minuten durfte er, kommentiert vom Hallensprecher, sein Rennen souverän anführen und gewinnen. Am Ende hieß dies Platz 20 bei 52 Teilnehmern.
„Wie kann man sich das nur antun?“, ist eine der häufigsten Reaktionen, die Dietmar Zilz für sein Wettkampfprogramm zu hören bekam. Er startete in der AK 40 nicht nur über die 200m Schmetterling, sondern auch im Freiwasser über 3.000m Freistil.
Dietmar hatte mit seiner Familie sein Quartier rd. 120 km von Göteborg entfernt aufgeschlagen. Was sich zu Anfang ganz schön anhörte, wurde fast zu einem Desaster. Frühzeitig glaubte er losgefahren zu sein. Über die Landstraße zog sich allerdings die Strecke und als er nicht direkt das Schwimmbad fand, wurde es langsam zeitlich eng. Kaum hatte er die Halle erreicht und wollte sich einschwimmen, als die Info kam: „Die 200m Schmetterling sind vorgezogen, Du bist sofort dran!“. Dietmar hetzte zur Marshallarea, wo man sich vor dem Start einfinden musste und es anschließend in den Callroom ging. Sein Lauf war schon aufgerufen und als er dies wahrnahm, bereits schon im Wasser. Die Kampfrichter hatten allerdings ein Einsehen und so durfte er etwas später doch noch ran. Aber das ganze hin und her spiegelte sich in einer für ihn nicht optimalen Zeit wider: 3:02,26 Minuten hieß es am Ende. Pflichtzeit (3:00 Minuten) leider nicht geschafft. Aufführung im Protokoll ohne Zeit und Platzierung. Die Enttäuschung war groß. Aber, und das macht Dietmar besonders aus, er hakte dieses verkorkste Erlebnis sofort ab und konzentrierte sich auf die noch anstehenden 3.000m Freiwasser.
Am nächsten Tag, nach rd. einem Kilometer Fußmarsch zum See Delsjön, erfolgten die Starts in den verschiedenen Altersklassen wie beim Brezelbacken. Da die Schwimmerinnen und Schwimmer nur einen Rundkurs schwimmen mussten, konnte alle 20 Minuten ein neuer Start erfolgen. Dietmar hatte es mit 74 Konkurrenten zu tun.
Als es losging, hatte es allerdings gefühlt mehr mit einer ‚Massenschlägerei’ zu tun, als mit einem Schwimmwettkampf. Jeder Teilnehmer versuchte eine optimale Position im Feld zu erringen und so kam es zu dem ein oder anderen Gerangel – und Dietmar mitten drin. „Schön ist das vielleicht nicht, aber es gehört eben bei dieser Wettkampfart irgendwie dazu!“ so Dietmar. Schlussendlich belegte er mit neuem Vereinsrekord, in 44:15,10 Minuten, knapp 10 Minuten hinter dem Sieger, einen prima 46. Platz.
Thomas Leiding, der das SVR-Team komplettierte, freute sich auf seine erste Teilnahme an Masters-Weltmeisterschaften. 100m Freistil in der AK 45 standen für ihn auf dem Programm. Gleich 134 (!) Herren wollten sich nur in dieser AK über diese Distanz messen. „Ich schwimme seit meinem siebten Lebensjahr und durfte in meiner Jugend schon so manchen Wettkampf bestreiten. Aber was hier abgeht ist einfach unglaublich. Da schwimmen drei Herren in der AK 90, also die Jahrgänge 1916 bis 1920, 100m Freistil und eine ganze Halle steht auf, feuert an und applaudiert. Die Deutschen Meisterschaften der Masters letztes Jahr in Magdeburg und dieses Jahr in Hamburg waren schon ein Erlebnis. Aber hier in Göteborg bekommst du Gänsehaut. Die Tage sind einfach verrückt. Du frühstückst mit Leuten aus Brasilien und Italien, triffst im Bus Schwimmer aus Ägypten, Indien und Guatemala. In der Schwimmhalle sitzt du Seite an Seite mit Teilnehmern aus Frankreich, der Ukraine, Hong Kong und den Bahamas. Wildfremde Leute sprechen Dich an und wollen wissen wo du herkommst und was du schwimmst.
In meinem Lauf waren alleine acht verschiedene Nationen vertreten, bei 10 Bahnen. Dein Englisch wird jeden Tag geprüft und du merkst, wo du noch Nachholbedarf hast!“ kommentierte Thomas seine Eindrücke. Am Ende freute er sich über den 89. Platz. Unter 100 wollte er kommen – Aufgabe erfüllt.
Ob die guten Leistungen der Rheinhausener etwas damit zu tun hatten, dass die Vereinsfarben des SVR gelb-blau sind, welche bekanntlich auch die Nationalfarben der gastfreundlichen Schweden sind? Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall geht ein herzliches ‚Tack’ (Danke) nach Göteborg. Alle werden Schweden in schöner Erinne-rung behalten. Im September nächsten Jahres gibt es die Europameisterschaften der Masters in Jalta in der Ukraine. Die Einla-dungsbroschüren lagen bereits aus. Ein paar davon reisten mit nach Deutschland.
Vielleicht ist der SV Rheinhausen auch in Jalta wieder vertreten?

Fotos

T.L.

« zurück

Schwimmverein Rheinhausen 1913 e.V. | info [æt] sv-rheinhausen.de